Journaling

So verhedderst du dich beim Journaling nicht in deinen eigenen Worten

Journaling ohne Nebenwirkungen Journalingmethoden zum Stressabbau

Einfach drauflos schreiben – ohne Geländer und Sicherheitsnetz – kann schief gehen. Dann führt dich Journaling in die Irre, verwirrt dich mehr als es Klarheit bringt. Das ist besonders dann nervig, wenn du Journaling eigentlich zum Stressabbau verwenden möchtest. 

Vielleicht ist dir das auch schon so gegangen: Du schreibst, vielleicht sogar regelmäßig und du merkst, dass du nicht klarer siehst, sondern es „irgendwie“ immer komplizierter zu werden scheint. 

In diesem Artikel gebe ich dir einige Tipps, wie du dir mehr Struktur und Halt beim Schreiben geben kannst, so dass du nach dem Schreiben wirklich klarer siehst. 

„Freewriting“ – die große Freiheit auf dem Papier

Einfach den Stift aufs Papier setzen und das aufschreiben, was gerade im Kopf vor sich geht. Ohne Rücksicht auf Rechtschreibung, Satzbau oder Grammatik, so schnell wie es die Hand erlaubt, Gedanken auf Papier bannen. Manchmal ist diese Form des Journaling das Beste, was du tun kannst, um deinen Kopf wieder freizubekommen.

Bekannt geworden ist Freewriting in dieser Form vor allem durch die „Morgenseiten“ nach Julia Cameron. [1] Die Methode wird an vielen Stellen eingesetzt und findet sich zum Beispiel auch im kreativen Schreiben, um Schreibblockaden zu überwinden.

Journaling kann auch Nebenwirkungen haben

„Freewriting“ in dieser Form kann sehr wirksam sein, weil es erlaubt, Denkbarrieren zu überwinden und an tiefere Einsichten über sich selbst zu gelangen. Und wie bei jedem sehr wirksamen Mittel kann es auch hier zu unerwarteten Wirkungen kommen. Vielleicht tauchen sehr starke Gefühle von Ärger oder Traurigkeit auf. Vielleicht finden aber auch immer nur dieselben quälenden Gedanken und Gefühle aufs Papier, ohne dass eine klärende oder lindernde Veränderung eintritt. Deborah Ross nennt das den vertrauten Rahmen von „raging on the page“, wobei die Rage nie zur Auflösung kommt oder eine förderliche Aktion auslöst. [2]

Deshalb ist es wichtig, dass du beim Schreiben und auch danach aufmerksam bleibst. Was fühlst du, während du schreibst? Wie haben sich deine Emotionen im Vergleich zu vor dem Schreiben verändert?

Auch wenn unangenehme Gefühle auftauchen, sollte ihre Intensität immer noch gut erträglich für dich sein.

Achte auf diese Wirkungen und passe deine Journaling-Methode so an, dass du dich immer sicher beim Schreiben fühlst. Das ist besonders wichtig, wenn du in Stress-Situationen schreibst. 

In diesen Situationen tut dir mehr Struktur gut

Ganz allgemein sind das Situationen, in denen du ein Gefühl von „zu viel“ hast. 

Zum Beispiel:

  • Du fühlst dich sehr aufgewühlt und möchtest dich durch Schreiben beruhigen.
  • Du hast das Gefühl, dein Kopf platzt gleich vor viel zu vielen Gedanken.
  • Du fühlst dich überfordert von einer schwierigen, vielleicht wiederkehrenden Situation.

In all diesen Fällen bietet Freewriting unter Umständen zu viel Raum für genau die Emotionen, die du eigentlich zu überwinden oder zu klären suchst, wie Angst, Wut oder Überforderung. Die Emotionen wachsen, statt handhabbarer für dich zu werden. Wenn das der Fall ist, darfst du deine Journalingmethoden verändern und an deine Bedürfnisse anpassen. 

So kannst du dein Journaling adaptieren

Setze dir ein Zeitlimit: Das ist die einfachste Art, dir beim Freewriting etwas mehr Struktur zu geben: Stelle einen Timer auf einen kurzen Zeitraum ein. Schreibe nicht länger als 2-5 Minuten.

Über das Geschriebene reflektieren oder „Ernten“: Das ist eine gute Ergänzung zum Zeitlimit. Diese Methode habe ich von der wunderbaren Birgit Schreiber gelernt und sie hat meine Journaling-Praxis damit auf ein ganz neues Level befördert. Du „erntest“ deinen Text zum Beispiel, indem du das Geschriebene noch einmal überfliegst und eine kurze Quintessenz darunter schreibst. [3]

Wähle eine andere Methode als „Freewriting“: Manchmal ist „Freewriting“ nicht die richtige Methode für dein Journaling-Anliegen. Wenn du mehr Struktur und Halt benötigst, können Techniken wie ‚Satzanfänge vervollständigen‘ oder ‚Listen schreiben‘ die bessere Wahl sein.

Journaling ist keine starre „Methode“

Journaling kann viele Formen annehmen und es gibt neben dem „Freewriting“ eine Vielzahl an Methoden, aus denen du dir das jeweils für dich am besten Passende aussuchen kannst. Je größer dein Werkzeug-Koffer wird, umso besser kannst du deine Schreib-Praxis an deine Anliegen und Ressourcen anpassen. Dann wird Journaling für dich zu einer Möglichkeit um Stress in belastenden Situationen besser begegnen und ihn dadurch leichter abbauen zu können.  

Jeder Journaling-Weg sieht anders aus. Du bestimmst, wie du schreiben und wohin du deine Schreib-Praxis entwickeln möchtest.

Weitere Artikel zur Einführung ins Journaling findest du hier:

Bücher zum Weiterlesen:

[1] Julia Cameron, “Der Weg des Künstlers“, Knaur, 2019

[2] Deborah Ross, Kathleen Adams – “Your brain on ink”, Rowman& Littlefield, 2016 (Nur auf Englisch.)

[3] Birgit Schreiber – “Schreiben zur Selbsthilfe“, 2. Auflage, Springer, 2022

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